Mittwoch, 20. März 2019, 21 Uhr


Louise, Licht und Schatten auf der Diagonale

 

Passagen aus dem Theatertext werden mit biografischen Fragmenten und historischem Kontext verbunden, mit Überlegungen zu Rolle und Arbeit der Frau im Film und in der Gesellschaft. Die Autorin Uli Jürgens wird vor der Aufführung eine Einführung zu Louise Kolm-Fleck geben.

Das Leben der Regisseurin Louise Kolm-Fleck (1873–1950) liest sich wie eine Parabel auf die österreichische Filmgeschichte: der rasante Aufstieg des Stummfilms, die goldene Zeit in den 1920er-Jahren, der Wechsel zum Tonfilm, die Vertreibung österreichischer Filmschaffender durch die Nationalsozialisten, das Vergessen nach 1945. Diese Frau leistete kinematografische Pionierarbeit. Sie schrieb zumindest zwei Dutzend Drehbücher und führte weit über einhundert Mal Regie. Louise Kolm-Fleck war Enkelin eines Kunstfeuerwerkers und Tochter des Besitzers des Stadtpanoptikums am Kohlmarkt. Sie war in vielem eine Vorkämpferin, manchmal fortschrittlich, meist traditionsverbunden. Sie war gleichzeitig ruhender Pol und treibende Kraft. Sie war eine kleine, resolute und humorvolle Person. Wir sollten uns an sie erinnern.
(Uli Jürgens)

Die Ahnfrau des Hauses Borotin wurde einst von ihrem Gatten getötet. Nach einer Sage muss sie so lange wandeln, bis das Geschlecht der Borotin verschwindet. Berta von Borotin, die vermeintlich einzige Nachfahrin ihres Geschlechts, verliebt sich unwissentlich in ihren tot geglaubten Bruder und findet daraufhin mit ihm und ihrem Vater den Tod. So kann die Ahnfrau endlich Ruhe finden.
1919 führte Louise Kolm-Fleck gemeinsam mit Jakob Fleck bei der Verfilmung von Franz Grillparzers erstem Bühnenstück „Die Ahnfrau“ (1817) Regie. Diese Regiearbeit war eine von mehr als hundert der ersten Filmregisseurin Österreichs. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Filmpionierin gar zu den ersten Filmemacherinnen weltweit zählt. Louise Kolm-Fleck war jedoch nicht nur Regisseurin, sondern unter anderem auch Drehbuchautorin und Produzentin.
Amina Handke und Aslı Kışlal nähern sich dem Schaffen dieser wegweisenden Filmpionierin über einen ihrer wenigen fast vollständig erhaltenen Filme: Eine Kopie von Die Ahnfrau wurde erst 1990 in Brasilien (wieder-)entdeckt und vom Filmarchiv Austria restauriert. Hundert Jahre nach seiner Entstehung wird der Film anlässlich des historischen Specials der Diagonale von Texten, Kommentaren und Tonquellen begleitet, anstelle von – wie bei Stummfilmen üblich – Musik: Handke und Kışlal begeben sich in einen Dialog mit dem Film. Passagen aus dem Theatertext werden mit biografischen Fragmenten und historischem Kontext verbunden, mit Überlegungen zu Rolle und Arbeit der Frau im Film und in der Gesellschaft. Die Filmpionierin trug viele Namen: Louise Veltée, Louise Kolm, Louise Fleck. Mit der Auswahl ihres Werks soll sie als „Ahnfrau“ stellvertretend für viele Frauen der (Film-)Geschichte stehen. Eine Geschichte, deren Erzählung in Bezug auf die Protagonistinnen viele Leerstellen aufweist.
(Amina Handke und Aslı Kışlal)

Rechbauer-Kino
Rechbauerstraße 6, 8010 Graz

 

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