Eine kleine Verlagsgeschichte

 

Lieber das Neueste zuerst?




1996

 

Aus der Krise seines Grafikstudios zieht Michael Baiculescu den Schluss, einen Verlag zu gründen. Zwar ohne Kapital aber mit Hilfe der Wiener Brücke-Druckerei, die die Druckkosten der ersten Buchprojekte vorfinanzierte. So entstand der mandelbaum verlag.
»Sie halten den ersten Prospekt eines neuen Verlags in Händen, der sich zum Ziel gesetzt hat, verborgene Schätze zu bergen und Verstecktes sichtbar zu machen ...«

Programm
Über die Jahre entstanden Buchreihen zu Zeit-, Kultur- und Sozialgeschichte, Reisebücher zum jüdischen Europa, die feinen gourmandisen, Bücher zum Thema Essen und Trinken, literarische Klangbücher und Sachbücher zu den Themen Globalisierung, Migration und internationale Politik. Immer wieder spiegelt sich im Programm die Geschichte und Gegenwart der Stadt Wien.

Wer kennt das afrikanische Wien? Das erste Buch aus dem mandelbaum verlag stellt es vor und wird gleich hoch gelobt. »Böte sich da nicht der neue Stadtführer Das afrikanische Wien als Pflichtlektüre von Exekutivbeamten an?«, meint der Standard.
»Eine fast vergessene Tradition in Wien ist das Dudeln. Christina Zurbrügg hat die Lebensgeschichte von Wienerlied-Sängerinnen aufgeschrieben, die das Dudeln noch beherrschen, und hat dabei die Wiener-Musikersprache wiederentdeckt. Nachzulesen unter dem rätselhaften Titel: Orvuse on Oanwe« (Erstes Verlagsprospekt Herbst 1996)



1997

 

Das erste Kochbuch im Verlag erscheint. Die Kunst der afrikanischen Küche von Phebe Ndam läuft quer zum Mainstream des Kochbuchmarktes und wird prägend für mandelbaums feine gourmandisen. 700 Menschen feiern bei der Präsentation im Wiener MAK Café.
»Endlich hatte ich Zwöschinger an der Furbel. Er war nicht gerade sehr zwirch, und als ich ihm zwei Kransommeln zwischen die Söden lepperte, war er es noch weniger.
›Wo sind die Vantossel?‹, zeppte ich lemmig. ›Die kannst du dir abzinken, schwenziger Hutbondel,‹ schwoberte er müsig, ›die haben wir mit zwei Tram Zober in die Zwange genübert!‹
›In die Zwange genübert, so so‹, dröste ich ...« und die Medien und das Publikum rätselten über die 32 Geschichten von Martin Auer in seinem kleinen Büchlein Deutsch für Außerirdische. So entstand auch das erste Hörbuch bei mandelbaum.



1998

 

Im Jahr 1908 gibt Rosa Mayreder sich selbst die Berufsbezeichung »Vorkämpferin« und genau das ist die Philosophin, Lyrikerin, Malerin und führende Theoretikerin der Frauenbewegung Zeit ihres Lebens geblieben. Eva Geber gibt Mayreders Jugenderinnerungen aus Wien unter dem Titel Das Haus in der Landskrongasse heraus. In Folge erscheinen zwei weitere Mayreder-Bände mit ihren Essays.
Buchpräsentation von Walter Lindenbaum - Von Sehnsucht wird man hier nicht fett. Lindenbaum, Kabarettautor im Wien der Zwischenkriegszeit, wurde posthum bekannt durch sein Lied von Theresienstadt. Herbert Exenberger stellte die erste Werkausgabe des bis dato unbekannten Autors zusammen. Beginn einer fruchtbaren Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Museum Wien - zur gleichnamigen Ausstellung erscheint das Begleitbuch E.M. Lilien - Jugendstil-Erotik-Zionismus.



1999

 

mandelbaums feine gourmandisen werden fortgesetzt mit Als Oma im Keller Quargel aß oder Unser nicht alltäglich Brot – auch ein Kochbuch. Seit 1993 erfreuten Gudrun Harrer und Christa Fuchs mit einer monatlichen Kolumne im Standard ihre essende und lesende Fangemeinde. Hier erschien nun die erste Sammlung ihrer Artikel und Rezepte. Ein weiterer Band Besoffene Kapuziner und andere Rezepturen zur Verbesserung Mitteleuropas vervollständigt die Sammlung im Jahr 2005. Was wir umbringen – mit diesem Ausruf begründet Karl Kraus seine Zeitschrift Die Fackel im Jahr 1899. So heißt auch das Begleitbuch zur gleichnamigen Ausstellung im Jüdischen Museum Wien, die die Geschichte der Zeitschrift und das Werk von Karl Kraus umfassend darstellt. Mit diesem Buch erreicht der mandelbaum verlag erstmals auch eine größere bundesdeutsche Öffentlichkeit.



2000

 

Am Beginn einer Reihe zur Geschichte jüdischer Gemeinden in Niederösterreich steht Gerhard Milchrams Heilige Gemeinde Neunkirchen. Eine jüdische Heimatgeschichte.

»Von den SchriftstellerInnen dieser Anthologie, die mit literarischen und politischen Mitteln gegen die faschistische Unterwerfung der Gesellschaft auftraten, ist wenig bekannt.« Herbert Exenbergers Als stünd' die Welt in Flammen, stellt Texte von acht ermordeten AutorInnen vor, die alle der Vereinigung sozialistischer Schriftsteller Österreichs angehörten.

Alisa Douers Bildband mit Fotografien aus 150 Jahren Wien Heldenplatz ist der erste von zahlreichen folgenden großformatigen Bild/Textbänden bei mandelbaum.



2001

 

Eine der Reaktionen des Verlags auf die schwarz-blaue Regierungskoalition ist ein politisches Sachbuch, das der Beirat für gesellschafts-, wirtschafts- und umweltpolitische Alternativen (BEIGEWUM) in die Debatte wirft: Mythos Nulldefizit - Alternativen zum Sparkurs. In Folge erscheinen weitere Bücher zu wirtschaftspolitischen Themen und internationalen Entwicklungen.

 

Ein Archenbesitzer am Ararat

suchte bei seiner Frau Sahra Rat:
»Haben wir nicht indessen

auf die Fische vergessen?«
»Ach halt's Maul!« war ihr kurzer und klarer Rat!
So berichtet Martin Auer in seinen 66 Limericks unter dem Titel Ein älterer Herr in den Anden. Linda Wolfsgruber hat die Limericks illustriert und seither immer wieder Bücher des Verlags gestaltet.



2002

 

Das erste Jiddisch-Lehrbuch im deutschsprachigen Raum seit den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts erscheint. Jacob Allerhand, em. Prof. f. Judaistik und Hebraistik an der Universität Wien, hat ein Sprachlehrbuch und ein Jiddisch-Lesebuch zusammengestellt, das einen Überblick über die Entstehung der Sprache und ihrer Entwicklung gibt und Interessierte an die Sprache heranführt.
Connecting people ist ein Projekt der Asylkoordination Österreich, das jugendlichen Flüchtlingen eine emotionale Heimat bieten möchte. Connecting people ermöglicht Begegnungen und hilft Grenzen und Barrieren zu überwinden. Gesucht wurden und werden Menschen, die mit jungen Flüchtlingen in regelmäßigen Kontakt treten. Die sogenannten PatInnen bekommen eine dreimonatige Ausbildung, bevor sie an die Jugendlichen vermittelt werden. Im Buch connecting people - jugendliche Flüchtlinge und ihre PatInnen erzählen stellt sich das Projekt in Geschichten und Interviews vor.
Eine Kostbarkeit wird entdeckt: Zum 200. Geburtstag von Alexandre Dumas erscheint bei mandelbaum die erste deutschsprachige Übersetzung seines kulinarischen Jahrhundertwerks - Das große Wörterbuch der Kochkunst. Die drei Bände im Schuber finden bei Medien und Publikum euphorischen Zuspruch - bislang sind fünf Auflagen erschienen.
Der mandelbaum verlag zieht zum wiederholten Male um: in die Räumlichkeiten der ehemaligen Brücke-Druckerei in der Wipplingerstraße. Seither residiert der Verlag im Zentrum Wiens.



2003

 

»Mandelbaums Reiseführer durch das jüdische Europa bieten neben praktischen Informationen zur Vergangenheit und Gegenwart jüdischen Lebens auch die unsichtbaren Geschichten hinter der sichtbaren Welt.« So beschrieben wir die neu gegründete Reihe von Reiseführern, die mit dem Jüdischen Wien startete. Aus der Zusammenarbeit mit dem Mattersburger Kreis für Entwicklungspolitik an den Österreichischen Universitäten entsteht im Frühjahr eine neue Reihe. Seither erscheinen handliche Lehrbücher für das Studienfach »Internationale Entwicklung«, die nicht nur für Studierende interessant sind. Bewegung macht Geschichte heißt der erste Band und seither sind viele weitere erschienen.
Im Auftrag des Österreichischen Nationalrates erstellt eine Gruppe von WissenschaftlerInnen unter der Leitung von Prof. Walter Manoschek eine Studie über die Opfer der NS-Militärjustiz. Es wurden mehrere zehntausend Akten der Wehrmachtsjustiz gesichtet und ausgewertet. Im Juni 2003 wird die Studie und das Buch im Parlament präsentiert.



2004

 

In diesem Jahr erscheinen gleich mehrere Begleitbücher zu Ausstellungen: Gastarbajteri - 40 Jahre Arbeitsmigration. Ausgehend von elf exemplarischen Orten und Zeitpunkten erzählen die Initiative Minderheiten und das Wien Museum die Geschichte der Arbeitsmigration der letzten vier Jahrzehnte. Das Jüdische Museum Wien bringt in seiner Serie Musik des Aufbruchs zwei Bücher zu den gleichnamigen Ausstellungen heraus: Hans Gal und Egon Wellesz - continental britons und Franz Schreker - Grenzgänge, Grenzklänge.
In Kooperation mit dem Institut für Geschichte der Juden in Österreich erscheint der erste von vier Bänden zur Geschichte der Juden in Niederösterreich von 1938-1945: Christoph Linds »Der letzte Jude hat den Tempel verlassen«. Barbara Staudingers Gantze Dörffer voll Juden behandelt die Zeit von 1496-1670.



2005

 

Es ist soweit: Das Lager im Zentrum geht über. Rund 40.000 Bücher wandern an den Stadtrand.
»Ich habe Glück gehabt in diesem Leben. Wie oft könnte ich schon tot sein! Hitler, Krieg und Herzinfarkt und immer bin ich noch da, 83 Jahre alt, und erzähle mein Leben.« Otto Tausigs Lebensgeschichte erscheint unter dem Titel Kasperl, Kummerl, Jud.
Die Historikerkommission übergab im Jahr 2003 ihren Bericht über »Vermögensentzug auf dem Gebiet der Republik Österreich während der NS-Zeit sowie Rückstellungen und Entschädigungen (sowie wirtschaftliche und soziale Leistungen) seit 1945 in Österreich«.
Damit die Ergebnisse auch von der breiteren Öffentlichkeit wahrgenommen werden, publizierten einige Mitglieder der Kommission vier Sammelbände unter dem Titel Raub und Rückgabe - Österreich von 1938 bis heute, herausgegeben von Verena Pawlowsky und Harald Wendelin. Im Herbst werden gleich vier neue Kochbücher präsentiert. mandelbaums feine gourmandisen wandeln auf ethnographischen Kochpfaden zu Husarenkrapfen, Damenkaprizen, Besoffenen Kapuzinern und Fledermäusen, beginnend bei der Wiener Küchenseele bis hin zu den leichten Damen in New Orleans.



2006

 

Unter dem programmatischen Namen Globalisierung und Globalgeschichte erscheint das erste Buch einer Reihe, die sich zum Ziel gesetzt hat, Weltgeschichte nicht aus dem eurozentrischen Blick zu betrachten.

Der Filmemacher Michael Glawogger gibt parallel zu seinem gleichnamigen Dokumentarfilm working man's death einen umfangreichen Band mit dem Untertitel Bilder und Texte zur Arbeit im 21. Jahrhundert heraus.
Im Herbst feiern wir unser zehnjähriges Bestehen mit einem großen Fest in der ehemaligen Klimtvilla in Wien Hietzing. Beschenken tun wir uns auch: Mit einer Prachtausgabe von Dumas' großem Wörterbuch der Kochkunst. "Erst in diesem Ozean an Schnurren erschmökert man sich, was einem alles gefehlt hat bisher. Dank und Ehre sei dem kleinen mandelbaum verlag." Schreibt essen & trinken.



2007

 

»Unkraut vergeht nicht, außer man isst es auf.« Das empfiehlt Margot Fischer in ihrer Enzyklopädie der essbaren Wildpflanzen mit über 500 Rezepten. Die Wilden Genüsse sind ein außergewöhnliches Kochbuch, Nachschlagewerk und eine Kulturgeschichte für Kräuterliebhaber.
Das Hörbuch hält Einzug bei uns im Verlag. Wir nennen es aber Klangbuch, weil die eigens komponierte Musik zur Literatur diese Tonproduktionen prägt. Die schönen Aufnahmen regten uns an, die CDs in gebundene Bücher zu verpacken und diese von der Künstlerin Linda Wolfsgruber illustrieren zu lassen. Peter Rosmanith ist für die Auswahl von Text und Musik verantwortlich und produziert die Aufnahmen.



2008

 

Elf Jahre nach dem Start der Kochbuchreihe erscheint die sechste Auflage von Kochen in Afrika, das sich zu einem Standardwerk gemausert hat. mandelbaums feine gourmandisen sind auf 18 Bände gewachsen.
Im Rahmen der »Wiener Psychoanalytischen Akademie« finden seit 2006 die Sigmund-Freud-Vorlesungen statt. Die großen Krankengeschichten ist der erste Band einer nun bei mandelbaum regelmäßig erscheinenden Reihe zu diesen Vorlesungen. Zwei Bücher zur Geschichte Wiens werden neu aufgelegt: Gerhard Botz veröffentlichte 1978 erstmals die Geschichte des Nationalsozialismus in Wien und Fritz Kellers Geschichte der 68er Bewegung in Wien erschien erstmals 1983. Beide Standardwerke sind wieder verfügbar. Der Beginn einer achtbändigen Globalgeschichte der Welt von 1000-2000 n. Chr. Die Reihenherausgeber Peter Feldbauer, Bernd Hausberger und Jean-Paul Lehners wollen die historischen Entwicklungslinien gleichrangig in verschiedenen räumlichen Zusammenhängen darstellen. Als erstes erscheinen Die Welt im 16. Jahrhundert und Die Welt im 17. Jahrhundert.



2009

 

Die Klangbuch-Reihe ist schon auf sechs Titel angewachsen und geht auf Tournee: Christoph Ransmayr und Franz Hautzinger präsentierten Damen & Herren unter Wasser im Wiener Akademietheater, Erwin Steinhauer, Peter Rosmanith und Georg Graf spielten gleich an 15 Orten in ganz Österreich H.C. Artmanns Dracula, Dracula. Otto Lechner spielte und rezitierte Kafkas Erzählungen unter dem Titel Nicht einmal gefangen. Im November präsentieren die Autoren Bob Martens und Herbert Peter das Buch und das außergewöhnliche Projekt Zerstörte Synagogen. Im Rahmen eines Forschungsprojekts an der TU Wien entstanden in vielen Jahren Arbeit virtuelle Rekonstruktionen aller zerstörten Synagogen Wiens. Das Buch zeigt eine beeindruckende Fülle an computergestützten Rekonstruktionen, Schnittperspektiven, verräumlichten Grundrissdarstellungen und Visualisierungen der Gebäude im städtebaulichen Kontext in Kombination mit historischen Fotografien und Plänen.
Kathrin Konrad erweitert das Mandelbaum-Team und kümmert sich um Veranstaltungen und die Pressearbeit. Ihre erste Herausforderung ist der mittlerweile vergriffene Cityguide Jüdisches München von Alexander Kluy.



2011

 

Martin Birkner stößt Anfang des Jahres zum Verlag. Er betreut die neue politische Edition kritik & utopie: Sie bietet unter anderem Raum für emanzipative theoretische Entwürfe, Reflexionen aktueller sozialer Bewegungen, Originalausgaben wie auch Übersetzungen fremdsprachiger Texte. Das erste Buch der Reihe §278a: Gemeint sind wir alle! Der Prozess gegen die Tierbefreiungs-Bewegung und seine Hintergründe herausgegeben von Christof Mackinger und Birgit Pack erscheint im Juni 2011.



2012

 

Mandelbaums Feine Gourmandisen bekommen erneut Zuwachs: Die Übersetzung von Claudia Rodens Standardwerk The Book of Jewish Food erscheint erstmals in deutscher Sprache. Die Autorin präsentiert Das Buch der Jüdischen Küche in der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien. Rund 800 Rezepte verwoben mit Erinnerungen und Erzählungen sind das Ergebnis einer fünfzehnjährigen Spurensuche in der jahrhundertealten jüdischen Kochtradition. »Claudia Roden ist ebensowenig einfach eine Kochbuchautorin wie Marcel Proust ein Bäcker war. Sie ist vielmehr Geschichtenerzählerin, Historikerin, Ethnologin, Essayistin, Dichterin ... ›The Book of Jewish Food‹ ist ihr Meisterwerk, denn neben großartigen Rezepten ist es die umfangreichste und sinnlichste Enzyklopädie über jüdisches Leben, die jemals gedruckt wurde«, kommentiert der Historiker Simon Schama.

Die Edition kritik&utopie ist inzwischen auf 15 Bände angewachsen. Ende des Jahres erscheint die deutsche Übersetzung von Siliva Federicis Caliban and the Witch. Caliban und die Hexe ist eine Geschichte des weiblichen wie auch des kolonialisierten Körpers während des Übergangs zum Kapitalismus und ein wichtiger Schritt in Richtung eines neuerlichen Nachdenkens über Entstehung und Wesen kapitalistischer Verhältnisse.



2013

 

Marseille ist Europäische Kulturhauptstadt des Jahres - passend dazu erscheint bei uns ein weiterer Stadtführer durch das jüdische Europa - Marseille und die Provence. »Beeindruckende Spaziergänge durch Marseille und Nizza, von der Côte d'Azur bis Carpentras, und zugleich ein sanfter Blick in die wechselvolle Geschichte der Juden im Süden Frankreichs. Eine Reiselektüre, wie man sie nur selten erlebt. Nach einer gründlichen Recherche gelang hier Alexander Kluy eine hervorragende und wichtige Arbeit, die große Aufmerksamkeit verdient. Mitreißend und berührend, und mit zahlreichen Fotografien wunderbar verlegt«, so empfiehlt der österreichische Schriftsteller Stanislav Struhar den City Guide.

Die neu gegründete Wissenschaftsreihe ermöglicht ab diesem Jahr die Publikation von wissenschaftlichen Arbeiten mit geistes- und sozialwissenschaftlichem Schwerpunkt, die im allgemeinen Programm nicht realisierbar wären.



2014

 

Zum 90. Geburtstag von Friederike Mayröcker erscheint unser drittes Künstlerfabrikat: Gleich möchte ich mich auf deinem Bild niederlassen.

Das Buch zur Ausstellung Die ersten Europäer. Habsburger und andere Juden – eine Welt vor 1914 erscheint. Es geht um die Idee Europa, die seit der frühen Neuzeit von Juden vorweggenommen wurde. Jüdische Existenz war schon damals geprägt von überregionalen Netzwerken und Austausch quer durch den Kontinent.

Das zwölfte Klangbuch Die Letzten Tage der Menschheit von Karl Kraus erscheint und wird im August erstmals aufgeführt: »Dass ein puristischer Zugang zu den Letzten Tagen der Menschheit keineswegs in einem kärglichen Theaterabend münden muss, bewies (...) der herausragende Menschendarsteller Erwin Steinhauer im Theater in der Josefstadt«, rezensiert Joachim Riedl in DIE ZEIT. Und einen Preis gewinnen wir mit dem Klangbuch auch noch ... Die HörerInnen von Ö1 wählen Die Letzten Tage der Menschheit zum Hörspiel des Jahres 2014. Nr. 2 wird übrigens Wolfram Bergers fulminante Panizza-Inszenierung von Das Liebeskonzil. Diese erschien ebenfalls als Klangbuch bei Mandelbaum.

Autorinnen feiern Autorinnen: Ab 2014 verfasst jährlich eine Wiener Autorin eine Festrede zu Ehren einer bedeutenden verstorbenen Wiener Schriftstellerin. Die Rede wird anschließend im Mandelbaum Verlag veröffentlicht. Den Anfang macht Marlene Streeruwitz über Bertha von Suttner. 



2015

 

2015 jährt sich der Geburtstag von Christine Lavant zum hundertsten Mal. Ein passender Anlass, die Prosa der großen Lyrikerin neu zu entdecken. In der bei mandelbaum als Klangbuch erschienenen Erzählung Das Wechselbälgchen spricht Sophie Rois den Text. Ein Glücksfall, denn ihre raue, unverwechselbare Stimme transportiert Lavants Text zwingend, direkt und ohne Sentimentalität. Damit überzeugen wir die HörerInnen von Ö1 das zweite Jahr in Folge: Das Wechselbälgchen gewinnt den Preis zum Hörspiel des Jahres.

Die Feinen Gourmandisen bekommen Gesellschaft von kleinen, feinen Kochbüchern, die sich jeweils unbekannten Rezepten und Klassikern, genauso wie einer Übersicht über Herkunft und Kulturgeschichte einer einzigen Delikatesse widmen. Wir nennen sie Kleine Gourmandisen. Die neue Reihe startet mit drei Bänden: Die Quitte von Inge Fasan erscheint als Gourmandise No. 001, Rote Rübe/Rote Bete von Margot Fischer und Marone/Esskastanie von Verleger Michael Baiculescu schließen sich an.

Kevin Mitrega, der im Jahr zuvor bei uns ein Praktikum absolviert hat, wird im Februar fixer Teil des Mandelbaum-Teams. Er kümmert sich um wissenschaftliche Titel und - gemeinsam mit Michael Baiculescu - um den Satz unserer Bücher.

Foto: Thomas Aurin



2016

 

Anfang des Jahres erscheint der vierte Band einer Reihe von Portraits afrikanischer Metropolen, alle herausgegeben von Margit Niederhuber: Networking à Dakar zeigt, wie die anderen Bände auch, ein bei uns unbekanntes urbanes Afrika. 2012 erschien mit Nairobi der erste Band, Maputo und Johannesburg folgten.

45 Jugendliche. 45 Geschichten. 45 Orte in Wien. Wir sind hier porträtiert junge Menschen an Orten, die für sie eine besondere Bedeutung haben. Und erzählt so auch die Geschichte einer Großstadt der Gegenwart.

Foto: Ina Thiam



2017

 

Mariane Enigl erzählt in Baldermann die Geschichte eines Wiener Sozialdemokraten und Arbeitersportlers, der vom NS-Regime 1943 wegen angeblichen Hochverrats hingerichtet wurde; die akribische und packende Biografie eines der vielen Unbekannten, die im Kampf gegen den Nationalsozialismus ihr Leben verloren. 

In der Edition kritik utopie erscheint Angelika Grubers Die Macht der Psychotherapie im Neoliberalismus, eine philosophisch und durch eigene Praxiserfahrungen gesättigte Streitschrift gegen die Indienstnahme der Psychotherapie durch ökonomische Herrschaftsinteressen. Der Band entwickelte sich – nicht zuletzt durch seine leider ungebrochene Aktualität – zu einem Longseller, und ist mittlerweile in zweiter Auflage erhältlich. 

Mit Elisabeth Davids Die französische Küche konnten wir das Standardwerk der „First Lady of food“ erstmals in deutscher Sprache herausbringen. 

In der neu konzipierten literarischen Edition werden längst vergriffene Romane und Erzählungen von historischer, politischer und literarischer Bedeutung dem Vergessen entrissen. Den Auftakt machen Leo Lanias Land im Zwielicht, ein Roman über die Umbrüche im Berlin 1920er Jahre, sowie Diantha oder der Wert der Hausarbeit, der grundlegende Roman zu Fragen weiblicher Reproduktionsarbeit aus 1910, verfasst von Charlotte Perkins Gilman.



2018

 

Anfang 2018 erscheint Johannes Preiser-Kapellers Jenseits von Rom und Karl dem Großen, eine anti-eurozentrische Studie zu globalen Verflechtungen in der „langen Spätantike“. Der Band schaffte es nicht nur auf die Liste der besten Geschichtsbücher 2018, sondern entwickelte sich zu einem kleinen Bestseller, der mittlerweile bei der vierten Auflage hält.
In der Reihe „Stadtreisen zum jüdischen Europa“ führt uns Christa Höfferer zu den Orten jüdischen Lebens in der Ewigen Stadt. Jüdisches Rom bleibt aber nicht in der Vergangenheit stecken, sondern präsentiert zahlreiche Orte gegenwärtigen jüdischen Lebens, Orte der Kunst, der Religion, der Kulinarik. Heinz Rudolf Ungers Die Freiheit des Vogels im Käfig zu Singen versammelt zahlreiche politische Gedichte des Autors der „Proletenpassion“, der in diesem Jahr viel zu früh von uns ging.
Anlässlich des 80. Jahrestages des „Anschlusses“ Österreichs an NS-Deutschland veröffentlichten wir ein umfangreiches Werk zur Topografie der Shoah, den Gedächtnisorten des zerstörten jüdischen Lebens in Wien. Im Herbst erblickte mit Die Jagd – Licence for Sex and Crime der erste Band der Paul-Parin-Gesamtausgabe das Licht der Welt. Bis 2023 sollen sämtliche Schriften des 2009 verstorbenen linken Schweizer Psychoanalytikers erscheinen.



2019

 

Margot Fischers Essbare Wildpflanzen für Einsteiger ist die „Volksausgabe“ ihrer zweibändigen Wilden Genüsse, ein handliches Büchlein für Liebhaber*innen oft unbeachteter wilder Genüsse am Wegesrand, mit exakten Beschreibungen zum Bestimmen und unkomplizierten Rezepten. Im Sammelband Letzte Orte vor der Deportation werden die Wiener Sammellager, von denen aus ein Großteil der 60.000 österreichischen Opfer der Shoah in den Tod geschickt wurden, dem Vergessen entrissen. Der Band begleitete eine Ausstellung im Amtshaus in der Wiener Leopoldstadt. In Die Welt hat uns vergessen widmete sich der Autor Thomas Schmidinger einer anderen unterbelichteten Tragödie, nämlich dem Genozid des „Islamischen Staates“ an den Jesid*innen. Die Linke im Baskenland lautet der Titel von Raul Zeliks schlanker Einführung. Sie bildet den Auftakt der bei kritik & utopie verorteten Reihe „Die Linke in“, welche einen fundierten Überblick in die Geschichte und Gegenwart der gesellschaftlichen Linken in spezifischen Ländern oder Regionen gibt. Der von Karin Fischer und Margarete Grandner herausgegebene Band Globale Ungleichheit wiederum zeigt die Verflechtungen von (Post)Kolonialismus, Arbeitsverhältnissen und der Ausbeutung der stofflichen Umwelt auf weltumspannender Ebene.
Auch personell tut sich was: Auf Elisabeth Baumhöfer, die 2018 ihren wohlverdienten Unruhestand antritt, folgt Elke Smodics. Sie übernimmt nicht nur die finanziellen Agenden, sondern betreut auch Titel der Allgemeinen Reihe.



2020

 

2020 war das Jahr der Herausforderungen. Nicht nur die Corona-Pandemie brach über uns alle herein, sondern auch der Übergang des Verlags von einem Einzelunternehmen in eine Genossenschaft im Eigentum der Mitarbeiter:innen wurde auf Schiene gebracht. Passagen von Kurzarbeit und Homeoffice wechselten sich mit intensiven und anstrengenden Aktivitäten ab. Letztlich können wir trotz aller Schwierigkeiten zufrieden zurückblicken: Sowohl die Verlags-Transformation als auch unsere ökonomische Situation fand trotz Pandemie einen glücklichen Ausgang. Gemeinsam mit allen Beteiligten, von der Produktion über Transport, Handel und natürlich vor allem dank unserer Leser:innen konnten wir 2020 gut hinter uns bringen. Unsere Entscheidung, die Buchproduktion nur geringfügig zu drosseln, hat sich als richtig erwiesen.

Wir haben uns mit CO2 – Fünf nach Zwölf und Klimakiller Kapital verstärkt ökologischen Themen zugewandt. Aber auch unsere internationalistische Perspektive haben wir beibehalten, wie Annette Hofmanns Studie Kolonialgeschichte hören oder Christian Reders momumentales Werk Mediterrane Urbanität beweist. An der Schnittstelle von Theorie und Politik bewegten sich die breit rezipierten Stadtkonflikte von Gabu Heindl, in der literarischen Reihe machten wir nach über 60 Jahren Leo Lanias Der Außenminister wieder zugänglich.



2021

 

25 Jahre Mandelbaum Verlag, 10 Jahre edition kritik & utopie sowie der endgültige Übergang in die Genossenschaft waren – nebst der andauernden Corona-Pandemie – die Schwerpunkte dieses einschneidenden Jahres. Nachdem wir insgesamt mehr als 2 Jahre daran gearbeitet haben – tatkräftig unterstützt von unserem tollen Revisionsverband Rückenwind – konnten wir am 1. April ganz im Ernst endlich vermelden: Wir sind Genoss:innenschaft!

Was uns besonders freut: Der bisherige Eigentümer und Gründer des Verlages, Michael Baiculescu, bleibt uns nicht nur als Freund und Berater, sondern auch mit der Betreuung der Klang- und Kochbücher wie auch der literarischen Reihe erhalten! Und so war es uns auch eine Freude, gemeinsam mit vielen Autor:innen, Herausgeber:innen, Lektor:innen und Freund:innen im September das 25jährige Jubiläum des Verlages, musikalisch unter anderem von Christina Zurbrügg und Marwan Abado befeuert, gebührend zu feiern.

Aber auch die Bücher, die wir in unserem Jubiläumsjahr herausgebracht haben, können sich sehen lassen: Louise Michels Klassiker Die Pariser Commune, zum 150. Jubiläum der Commune erstmals auf Deutsch; Christian Fuchs steuert mit Das digitale Kapital einen wichtigen marxistischen Beitrag zum Verständnis des digitalen Kapitalismus bei; Joyce Lussus Weite Wege in die Freiheit macht die Erinnerungen einer Widerstandskämpferin gegen den Faschismus über 70 Jahre nach der italienischen Erstveröffentlichung auch auf Deutsch zugänglich; Fernando und Socorro del Paso klären uns über Die Küche Mexikos auf. Last not least freuen wir uns, dass Johannes Preiser-Kapellers gewichtige „Doppelstudie“ (1, 2) zu Klima, Pandemien und dem Wandel der Welt bis 1500 so großes Interesse fand.


 

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